— Tess Gunty, 2023 —
Im vergangenen Jahr hat die US-Schriftstellerin im Alter von 29 Jahren als jüngste Preisträgerin (nach Philip Roth) für ihren Roman The Rabbit Hutch den National Book Award verliehen bekommen. Jetzt gibt es die Geschichte auch in einer deutschen Übersetzung. Bei Google Books heißt es, Gunty sei das größte Talent der amerikanischen Literaturgeschichte seit David Foster Wallace.
Es geht um Bewohner des „Rust Belt“, einer seit siebzig Jahren im wirtschaftlichen Niedergang befindlichen Industrieregion im Nordosten der USA. Portraitiert werden die Mieter des „Kaninchenstalls“ in der fiktiven Stadt Vacca Vale, der Roman springt von Wohnung zu Wohnung der Nachbarn einer gewissen Blandine Watkins: eine Mutter namens Hope; ein Rentnerpaar, das Nagetiere hasst; drei faule, dumme Jungs, die in ihrer Freizeit Tiere opfern; die vierzigjährige Joan, die den Kondolenzbereich einer Webseiten mit Online-Nachrufen betreut.
Die Rezensenten zeigen sich fast durch die Bank fasziniert:
- NDR, 4. Juli 2023
»Tess Guntys rasant geschriebener Roman Der Kaninchenstall ist düster und doch voller unverwüstlicher Hoffnung. Die Bewohner eines Hochhauses repräsentieren den Zustand der amerikanischen Bevölkerung. […] Man sollte sich dem Erzählreigen von Tess Gunty einfach anvertrauen, es ist keine durchgängig erzählte Romanhandlung, sondern setzt sich mosaikartig aus hunderten Mini-Romanen zu einem Bild zusammen, an dessen Ende der Tod einer jungen Frau steht, und zwar so wie ihn Hieronymus Bosch gemalt hat: als hellen Tunnel zum Licht. Bis dahin quillt dieser Text über von tragischen, urkomischen, brutalen und liebevollen Geschichten.« - DIE ZEIT, 6. Juli 2023
»Man kann nach den gut vierhundert Seiten nur sagen: Tess Gunty ist eine geradezu bedrückend talentierte Schriftstellerin. […] Gunty schreibt abschweifend, ausschweifend, flackernd, andeutungsreich und plötzlich verblüffend hyperfokussiert.« - Die Welt, 9. Juli 2023
»Eine furiose Abrechnung mit dem Internet. Und eine Verbeugung vor einer deutschen Dichterin [Anm.: Hildegard von Bingen]. Das Buch könnte tatsächlich so etwas wie ein neuer, digitaler Naturalismus sein: Das Internet überfordert in diesem Roman alle; in seiner körperlosen Welt wohnt der Wahnsinn allein, und der digitale Kaninchenbau ist der einzige, den die kluge Blandine auf ihrer verzweifelten Suche nach einer Anderswelt meidet.«
Buchblogger:
- LiteraturReich, 24. August 2023
»Für mich persönlich allerdings war es von allem zu viel. Zu viele absonderliche Charaktere, zu viele skurrile Schicksale, zu viel Tempo, zu viel Sprachspielerei, zu viele Themen. Tess Gunty hat mit Der Kaninchenstall ganz sicher ein bewunderungswürdig originelles, gut geschriebenes, einfallsreiches und spannendes Buch geschrieben. Ich habe es auch nicht ungern gelesen und kann verstehen, dass die Kritiker:innen jubilieren. Mir allerdings kam es nicht nahe, sondern ließ mich ziemlich erschöpft und etwas entnervt zurück.« - Zeichen & Zeiten, 20. August 2023
»Wie dieses Apartmenthaus und seine bizarren Bewohner ist an diesem Roman nichts gewöhnlich. Nicht der Stil, nicht die Fülle an Themen, die Gunty in ihrem Erstling verarbeitet und darin vor allem Kontraste setzt. Es geht um Arm und Reich, Verfall und Neubeginn, Rebellion gegen das kapitalistische System, die Abgründe der digitalen Welt, Empathie versus Hass und Hetze, Krisen und Katastrophen. Rundum das, was aktuell wohl in vielen Gesellschaften auf der Tagesordnung steht. Wie ein wohltuender Gegenentwurf erscheint die junge Heldin, die mit ihrer mystischen Haltung und der Nähe zu Hildegard von Bingen den Reset-Taste drücken möchte.« - Schreiblust Leselust, 10. August 2023
»Das ist gut gemacht von Gunty. Der Roman ist ein Feuerwerk, bei dem an jeder Ecke eine Rakete oder ein Böller gezündet wird. Verwirrend, aber auch beeindruckend. So benötigt „Der Kaninchenstall“ schon wegen der wechselnden Erzählperspektiven volle Konzentration, es ist kein Buch zum Nebenbei-Lesen. Tess Gunty jedoch behält den roten Faden durch die vielen Einzelheiten ihrer Geschichte souverän in der Hand und führt sie (jedenfalls für einige ihrer Figuren) zu einem hoffnungsvollen Ende.
Das einzige, was ich ihrem Debütroman vorwerfen kann, ist, dass er übervoll an Inhalt, Charakteren und literarischen Stilen geworden ist. Und ich hoffe, dass Tess Gunty mit „Der Kaninchenstall“ noch nicht ihr ganzes Pulver an Ideen verschossen hat.« - Sheenas creativ Bookworld, 26. Juli 2023
»Der Schreibstil von Tess Gunty ist recht angenehm und zugleich auch zugänglich gehalten. Die Beschreibungen im Roman wirken auf mich sehr detailreich, sodass man sich mühelos in die Szenen hineinversetzen konnte. Zudem gelingt es der Autorin, komplexe Themen wie Freundschaft, Verlust und die Bedeutung von Zugehörigkeit auf subtile Weise zu behandeln.«